time shift - zeitversetzt

Foto- und Videoarbeiten von Susanne Ludwig

"Flying Church" aus dem Video: "The wind can always turn", 2008
"Flying Church" aus dem Video: "The wind can always turn", 2008

In der Ausstellung „time shift / zeitversetzt“ bearbeitet die in Hamburg lebende Fotokünstlerin Susanne Ludwig Themen wie Verlust, Erinnerung und Identität. Aber auch Hoffnung, Visionen und deren Zerbrechlichkeit werden in den Foto- und Videoarbeiten spürbar. Dabei lotet Susanne Ludwig Möglichkeiten aus, Veränderungsprozesse und Zeit in den Bildern für den Betrachter sichtbar zu machen.

 

Die Fotoserie „Alles muss raus“ zeigt Räume, die sich nach einer Firmenpleite im Wandel befinden: Teekessel und Küchenmesser auf dem Tisch erwecken zunächst den Eindruck, als hätten die Arbeiter gerade erst den Pausenraum verlassen, um an den Maschinen ihr Tagwerk fortzusetzen. Doch die Fabrik ist menschenleer. Hier werden schon seit Jahren keine Waren mehr hergestellt. Das Stahlwerk und zahlreiche andere Unternehmen – Susanne Ludwig ging während ihrer Recherche in 14 deutsche Insolvenzbetriebe – existieren heute nicht mehr und sind stumme Zeugnisse des wirtschaftlichen Ruins. Die Bilder geben aber auch Einblick in die verschiedenen Phasen einer Insolvenz: Die Gebäude werden ausgeschlachtet, bis nichts Wiederverwertbares zurückbleibt. Ein trauriger Beleg für den Werteverfall.

 

Die Videoarbeit „feasability fantasies / Machbarkeitsfantasien“ ist als ein Triptychon mit drei Monitoren konzipiert: Die Fotoanimation zeigt die 750 Jahre alte, steinerne Dorfkirche von Heuersdorf, die als einziges Überbleibsel eines vom Tagebau zerstörten Dorfes komplett in das Nachbardorf Borna transportiert wurde, um dort auf dem Marktplatz als Gedenkstätte eine neue Bestimmung zu finden. In dem zweiten Video fliegt umgeben von einem einzigartigen Bergpanorama eine weiße Kathedrale gen Himmel. Das Gebäude – in Form der Kirche von St. Gallen – entpuppt sich jedoch als ein Heißluftballon. In der dritten Animation bläht sich ein auf dem Boden liegendes Plastikgebilde zu einer kleinen Kirche auf und sackt langsam wieder in sich zusammen. Das geweihte Gotteshaus, das einer Hüpfburg für Kinder gleicht, kann für Gottesdienste, Trauungen und Taufen tage- und wochenweise angemietet werden.

 

Das kleine Privatmuseum der über 90jährigen Elli Ludwig ist ein Ort persönlicher und zeitgeschichtlicher Erinnerungsstücke. Susanne Ludwig fotografierte die zahlreichen Alltagsgegenstände, die ihre Großmutter über Jahrzehnte hin sammelte und liebevoll in den heimischen Kellerräumen zu einer kleinen Parallelwelt arrangierte. Die Serie „Großmutters Keller“ reflektiert nicht nur die Vergangenheit ihrer Großmutter und deren persönlichen Verbindungen zu diesen Objekten aus vergangenen Jahrhunderten, sondern mahnt auch an die ungewisse Zukunft dieser sehr individuellen Sammlung.

 

Susanne Ludwig studierte zunächst an der Muthesius Hochschule in Kiel und machte dort 2004 bei Dirk Reinartz ihr Diplom in Fotografie. Nach einem weiteren Studium an der Hamburger Hochschule der Künste absolvierte sie ein Masterstudium am Royal College of Art Photography Department in London. Sie erhielt diverse Preise und nahm an vielen Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland, London, Paris und New York teil.

Die Ausstellung war vom 19.11.2012 – 20.01.2013 in der Ausstellungsgalerie
im Schloss Ritzebüttel in Cuxhaven zu sehen.